von Heike Horn
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25. September 2025
Kürzlich berichtete eine Klientin im Coaching, dass sie sich seit Jahrzehnten viel mehr um die Bedürfnisse anderer als um die eigenen sorge. Sie habe sich selbst aus den Augen verlorgen. Es regieren bei ihr das Kümmern um die Belange ihrer Mitmenschen. Ihre eigene innere erwachsene Seite sei so gut wie nicht mehr spürbar. Eine weitere Klientin, selbst als Coach tätig, berichtete von permanenten Selbstzweifeln, nie mache sie ihre Arbeit gut genug. Sie hatte an sich selbst immer etwas zu beanstanden. Selbst dafür, dass sie dieses Problem des Selbstzweifelns hat, verurteilte sie sich. Es sind oft Schutzstrategien, die in uns - aus sehr verstehbaren Gründen - aktiv sind, uns in einen Manager- oder Funktionsmodus bringen, uns vor Fehlern schützen und stets bemüht sind, einen inneren Schmerz zu vermeiden. Als Einstieg in meiner Arbeit mit KlientInnen bietet sich oft an, gut zu sortieren und die inneren Anteile zu benennen ('Name it to tame it'). Der hypnosystemische Ansatz (Dr. Gunther Schmidt) oder auch der Ansatz des IFS (Internal Family System, Dr. Richard Schwartz) sind hervorragende therapeutische Ansätze, die Unbewusstes rasch auf den Tisch legen und bearbeitbar machen. Als Selbstwert-Coach arbeite ich zwar mit nur einer Person, im Grunde ist diese Arbeit jedoch Gruppentherapie mit eben nur einem Menschen. Diese therapeutische Art der Anteilsarbeit schafft viel Erleichterung, ist sehr transparent und sorgt für rasche Klarheit bei den KlientInnen. Es fließen häufig Tränen, und gleichzeitig wird herzlich gelacht. Was wir konkret tun bei dieser 'Gruppentherapie': Wir erforschen die verschiedenen Seiten, die in den KlientInnen in ihren Kontexten aktiv (oder eben auch zu inaktiv) sind. Wir benennen die Seiten und erforschen die Bedürfnisse, für die diese Seiten sorgen. Ich lade dabei ein, aus einer Haltung des Wohlwollens und der Wertschätzung auf diese Anteile zu schauen. Sollte das kaum möglich sein, schauen wir genau hin, was es schwer macht, denn es gibt eventuell schützende Seiten. KlientInnen sind oft positiv überrascht, dass selbst bisher stark belastende Seiten wie der 'Schwarzseher' oder die 'Runterzieh-Seite' durchaus positive Absichten haben. Wir positionieren die Seiten mit Symbolen im Raum, machen das innere Beziehungsgefüge sichtbar und erkennen Wirkungen und Zusammenhänge. Als Coach moderiere ich die Beziehungsgestaltung, und wir bauen eine Steuerposition für die KlientIn auf, aus der heraus sie selbst gut in die Handlung kommt und die inneren 'Club-Mitglieder' mit etwas mehr gesunder Distanz sehen kann. Wir gestalten gemeinsam Interventionen, indem wir in das jetzige innere Beziehungskonstrukt kleine Unterschiede einbauen. Diese Art der Arbeit macht Spaß, bei allen Tränen, die häufig fließen. Genau hinschauen ist nämlich oft ein trauriger Prozess und kann wehtun. Mein Job hierbei ist, einen geschützten Raum zu schaffen und KlientInnen in ihren Gefühlen gut zu begleiten. Was im Coachingraum passiert, finde ich immer sehr berührend. Ich fühle sehr mit, welche schweren Päckchen viele Menschen zu tragen haben und welche ungünstigen Erfahrungen gemacht wurden. Gleichzeitig feiere ich die KlientInnen, dass sie für sich sorgen und ihre Themen angehen. Und ich freue mich, wenn sich Erkenntnis und Erleichterung einstellt und das Gefühl, wieder in die Handlungsfähigkeit zu kommen. Wenn sich nun ein Anteil in Dir meldet, der sich auch ein Coaching gönnen will, meine Anteile sind bereit!